Chronische Erkrankungen, Immunsuppression und Impfen

Probleme bei Immundefizienz

Bestimmte chronische Erkrankungen, Tumorerkrankungen, aber auch entsprechende Therapie, führen zu einer Immunsuppression mit einem erhöhten Infektionsrisiko. Hier ist es besonders wichtig, nach der Impfung den Impferfolg, falls möglich, mittels Titerkontrollen zu überprüfen.

PatientInnen mit hämatologischen Erkrankungen, haben oft einen schlechten Impfschutz. Einerseits weil die Erkrankung wichtige Bereiche des Immunsystems betrifft und es die Fähigkeit verliert einen guten Antikörper-Schutz aufzubauen. Andererseits wurde bisher auf den Impfschutz von Krebs-PatientInnen zu wenig geachtet.

Den wichtigsten Schutz für immunsupprimierte Menschen bietet eine umfassend geimpfte Gesellschaft, die sogenannte Umgebungsprophylaxe bzw. der Gemeinschaftsschutz. Hier können Angehörige und ArbeitskollegInnen aktiv sehr viel zur Gesundheit immungeschwächter Menschen beitragen. Es ist wichtig alle Menschen der näheren Umgebung zu informieren: Verwandte, Freunde und Nachbarn sowie KollegInnen am Arbeitsplatz sollten besonders gut auf ihren Impfschutz achten.

Impfstoffe bei Immundefizienz

Es gibt verschiedene Arten von Impfstoffen. Totimpfstoffe können auch während der Erkrankung oder Therapie verabreicht werden. Mit Lebendimpfstoffen muss man bei immunschwachen Menschen sehr vorsichtig sein.

Grundsätzlich kann eine Impfung mit Totimpfstoffen jederzeit aufgefrischt werden. Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass kein ausreichender Impfschutz aufgebaut wird, weil zu wenige aktive Zellen vorhanden sind.

Bei Lebendimpfstoffen, wie z.B. Masern oder Varizellen, ist Vorsicht geboten: Hier beruht der Schutz auf dem Prinzip, dass Viren in abgeschwächter Form verabreicht werden, die sich im Körper weiter verbreiten und einen milden Krankheitsausbruch auslösen können. Aus diesem Grund ist es nicht ratsam Menschen mit Immunsuppression solche Impfstoffe zu verabreichen. Es ist nicht erwünscht, dass immunsupprimierte Menschen aufgrund einer Impfung einen erkrankungsähnlichen Verlauf durchmachen.

Impfungen bei Krebspatienten

Menschen mit Krebserkrankungen sind aufgrund ihrer Erkrankung und Therapie anfälliger für Infektionskrankheiten.

Impfungen können schwere Infektionskrankheiten verhindern bzw. deren Verlauf mildern. Die Wirksamkeit von Impfungen kann jedoch bei KrebspatientInnen sowohl wegen der veränderten Immunitätslage, als auch aufgrund der Therapie eingeschränkt sein. 

Wenden Sie sich an einen Impf-Spezialisten oder eine Spezialambulanz um einen auf Ihre individuelle Situation perfekt zugeschnittenen Impfplan zu erhalten! Die Sicherheit von Impfungen bei immunsupprimierten PatientInnen hängt von verschiedenen Faktoren ab, die stets individuell beurteilt werden sollten. Folgende Faktoren beeinflussen die Impfentscheidung:

  • Allgemeinzustand des Patienten
  • Alter
  • Laufende Therapie
  • Therapiedauer
  • Weitere Grundkrankheiten
  • Impfvorgeschichte / Status
  • Status der Immunsuppression

Impfungen vor Therapiebeginn

Je früher individuelle Immunitäten oder Defizite bekannt sind, desto besser kann der individuelle Impfplan darauf abgestimmt werden. Im Idealfall sollte zum Zeitpunkt der Diagnosestellung der Impfstatus für die wichtigsten Infektionskrankheiten erhoben werden. Der Impfstatus sollte möglichst VOR Therapieeinleitung überprüft und vervollständigt werden. Die wichtigsten Impfungen sollten bis spätestens 2 Wochen (Totimpfstoffe) vor Therapiebeginn verabreicht werden.

Vor einer geplanten Stammzelltransplantation sollten Spender und Empfänger mit allen Impfungen laut Impfplan geimpft werden: Totimpfstoffe können bis zu 2 Wochen, Lebendimpfstoffe bis zu 4 Wochen vor der Transplantation verabreicht werden. Laut wissenschaftlicher Erkenntnisse bleibt nämlich eine Restimmunität nach den Behandlungen vorhanden. Auch der Empfänger kann hier Gedächtniszellen behalten.

Alle Impfungen laut Österreichischem Impfplan
Totimpfungen: (spätestens 2 Wochen vor Therapiebeginn)
Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Polio (Auffrischung oder Grundimmunisierung)
Hepatitis A/B (Auffrischung oder Grundimmunisierung)
Influenza (jährlich)
FSME
Pneumokokken (PCV13, PP23 nach > 8 Wochen)
Meningokokken (4 valent und B)
Hämophilus Influenzae Typ B
HPV
Lebendimpfungen! (4 Wochen vor Therapiebeginn)*
MMR (Kontrolle oder Impfen)
Varizellen! – ggf. Herpes Zoster

* Bei Masern-Mumps-Röteln (MMR) seronegativen Personen unter Immunsuppression darf die MMR-Lebendimpfung nicht gegeben werden (eine Substitution mit Immunglobulinen muss erwogen werden). Bei Varizellen-Zoster-Virus seronegativen immunsupprimierten Personen kann unter sorgfältiger Nutzen-Risiko Abwägung und Information des Patienten oder der Patientin eine Immunisierung mit dem inaktivierten Varizellen/Zosterimpfstoff erwogen werden.

Impfungen nach einer Stammzelltransplantation

Schwere hämotologische Erkrankungen können eine Stammzelltransplantation erforderlich machen. Diese Behandlung bewirkt eine radikale Elimination von Immunzellen und einen Verlust des gesamten Impfschutzes und das Immunsystem befindet sich wieder auf dem Stand eines Säuglings. Nach der Transplantation sollte kontinuierlich und gezielt alles nachgeimpft werden, was auch bei Kleinkindern vorgesehen ist.

Folgende Impfungen werden standardmäßig bei Patienten und Patientinnen nach Stammzelltransplantation verabreicht, um Komplikationen zu vermeiden:

Zeitpunkt nach HSZT Impfantigen Grundimmunisierung GI Booster nach GI Kommentar
3 – (6) Monaten Pneumokokken 3 x PCV13 (0,1,2 Mo) 12 Monate mit PPV23 Bei GvHD Booster mit PCV13. CH: Booster mit PCV13
Influenza 1 x jährlich Kurz vor/ in der Influenzasaison Intervall nach HSZT 3 Monate; Dosis bei Kindern unter 9 J
Herpes zoster (Totimpfstoff) 3 x (0,1,2 Monate) n.b. (duzt. keine Daten) Daten für autologe HSZT (Winston et al. 2018), siehe Impfplan 2019
6 – (12) Monate Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Polio (IPV) 3 x DtaPP (0,1,2 Monate) 12 Monate Bevorzugt Impfstoffe mit hohem Diphterie- (D) und Pertussisantigen (aP) Dosis
HiB (konjugiert) 3 x (0,1,2 Monate) 12 Monate
Hepatitis B 3 x (0,1,2 Monate) 12 Monate Nach Booster Titerüberprüfung empfohlen – wenn < 10 IU/ml Wh. der dreiteiligen Impfserie
Hepatitis A 2 x (0, 6 Monate) (bzw. 3 x bei Hep. A+B Kombinations-Impfstoff) bei Indikation
Meningokokken ACWY (C) konj. 2 x (0,1 Monate) 12 Monate Gemäß Indikation für Kinder und Jugendliche, aufgrund Epidemiologie (Reise) oder Risikogruppen (z.B. Asplenie) (keine Daten für MenB)
Meningokokken B 3 x (6 Lm. – 2 Lj.) 2 x (ab 2. Lj) n.b.
HPV 3 x (0,1,2 Monate) 6-12 Monate
FSME 3 x (0,1,2 Monate); 12 Monate Bei Indikation - Epidemiologie
ab 24 Monaten MMR (wenn seronegativ) 2 x (Mindestabstand 4 Wochen) Cave: Kontraindikationen
Varizellen (wenn seronegativ)

Besonders wichtig: Genau dieselbe Immunisierungs-Liste muss die gesamte Umgebung des/der Patienten/in erfüllen. Alle Kontaktpersonen und Haushaltsmitglieder MÜSSEN ebenso laut Österreichischem Impfplan geimpft sein!

Impfungen bei Splenektomie

Bei der Diagnose St.p. Splenektomie besteht bei Patientinnen und Patienten lebenslang ein erhöhtes Infektionsrisiko, insbesondere mit bekapselten Bakterien, intrazellulären Bakterien und Protozoen. Unter den bekapselten Bakterien können vor allem Pneumokokken, Meningokokken und Haemophilus influenzae zu schweren Krankheitsverläufen führen.

Um vor diesen impfpräventablen Erkrankungen zu schützen, werden standardmäßig (je nach Immunitätslage und Vorimpfungen) folgende Impfungen verabreicht, um Komplikationen zu vermeiden:

  • Pneumokokken
  • Meningokokken
  • Hämophilus influenzae
  • Grippe (Influenza) 

Impfungen bei Anti B-Zell Therapie

Bei Patienten und Patientinnen mit schwerer Autoimmunerkrankung kann eine Behandlung mit CD20-Blockern und/oder Blys-Hermmer indiziert sein. Diese Behandlung bewirkt eine radikale Elimination von Immunzellen, die einen Trigger für den Krankheitsverlauf darstellen. Durch den Verlust dieser Zellen steigt das Risiko für bestimmte Infektionskrankheiten deutlich an. Während  der laufenden Therapie können keine Impfungen durchgeführt werden. 

Folgende Impfungen werden standardmäßig (je nach Vorimpfungen des Patienten/der Patientin) vor Therapie mit Anti-CD20 verabreicht, um Komplikationen zu vermeiden:

  • Pneumokokke 
  • Meningokokken
  • Heptatits A/B
  • Grippe (Influenza)
  • FSME
  • HPV
  • Hämophilus influenzae
  • Diphtherie-Tetanus-Pertussis-Polio
  • Varizellen

Impfungen bei Kortison- und Immunsuppresiva

Bei Patienten und Patientinnen mit schwerer Autoimmunerkrankung kann eine Behandlung mit immunsuppressiven Medikamenten indiziert sein. Diese Behandlung bewirkt eine nachweisliche Immunschwäche mit erhöhter Infektneigung. 

Folgende Impfungen werden standardmäßig (je nach Vorimpfungen oder Immunitätsstatus des Patienten/der Patientin) vor bzw. unter immunsuppressiver Therapie verabreicht, um Komplikationen zu vermeiden:

  • Pneumokokken 
  • Heptatits A/B
  • Grippe (Influenza)
  • FSME
  • Diphtherie-Tetanus-Pertussis-Polio
  • Varizellen

Zusammenfassung

  • Bei Diagnosestellung bzw. VOR Therapieeinleitung sollte der Impfstatus überprüft und vervollständigt werden.
  • Je früher individuelle Immunitäten oder Defizite bekannt sind, desto besser kann der individuelle Impfplan darauf abgestimmt werden.
  • Die wichtigsten Impfungen sollten spätestens 2 Wochen vor Therapiebeginn verabreicht werden (Totimpfstoffe).
  • Totimpfstoffe können während einer Chemotherapie verabreicht werden, der Impferfolg könnte aber beeinträchtigt sein. Mit Titerkontrollen kann der Impferfolg überprüft werden.
  • Lebendimpfstoffe dürfen während einer Chemotherapie oder immunsuppressiver Therapie NICHT verabreicht werden. Ein Abstand von 6 Monaten (≥ 12 Monate bei B- Zell-Blockade) zwischen Chemotherapie und Lebendimpfung ist einzuhalten.
  • Nach einer Stammzelltransplantation muss mit Lebendimpfstoffen ein zeitlicher Abstand von bis zu 2 Jahren eingehalten werden.
  • Ein Schema mit empfohlenen Impfungen und den entsprechenden Wartezeiten nach Stammzelltransplantation wird von der Spezialambulanz für Impfungen der MedUni Wien zur Verfügung gestellt 
  • ALLE Kontakt-/Bezugspersonen des näheren Umfelds von immunsupprimierten PatientInnen müssen gemäß den Empfehlungen des österreichischen Impfplans geimpft sein, um den/die Patienten/In zu schützen.
  • Die Erstellung eines individuellen Impfplans wird jedem chronisch Kranken dringend empfohlen.

Öffnungszeiten

Montag: 14:00 – 19:00

Mittwoch: 10:00 – 14:00

Donnerstag: 14:00 – 19:00

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